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Franziska.ch > Jakobsweg > Spanien > 7. Juni Finisterre



"Jetzt sitze ich am Strand vom Ende der Welt und habe mich wieder etwas gefasst, nachdem ich heute Nachmittag eine Krise hatte. Also besser gesagt schon seit gestern, aber irgendwie habe ich jetzt keine Lust, alles zu erzählen. Esse meine Schoggi, trinke mein Coci light und schaue mal.
Und doch habe ich heute tatsächlich Enthaarungscreme gekauft. Weiss aber noch nicht, ob ich es mache. Ich komme mir grad so zweigeteilt vor. Jetzt bin ich kein Pilger mehr, nur noch eine normle Touristin und ich möchte auch so aussehen wie eine. Der Pilgerin sind die behaarten Beine egal, sie fühlt sich komisch im Hotelzimmer mit eigenem Bad und sie braucht auch nicht unbedingt saubere Wäsche. Und dann weine ich, weil ich keine Pilgerin mehr bin, aber bleiben möchte, und die Touristin möchte sich dem normalen Leben wieder anpassen und schön frisiert und nahtlos braun nach hause kommen, und die Pilgerin möchte verstrubbelt und dreckig nach hause kommen und die sieben Sachen immer auf dem Rücken tragen anstatt sie in Schränke und Schubladen zu verteilen. Dabei habe ich mich so darauf gefreut, sie in Schränke und Schubladen zu verteilen.
Und dann weine ich, weil ich weiterpilgern möchte und gleichzeitig so schnell wie möglich zu hause sein möchte. Und weil ich denke, dass das jetzt eine entscheidende Zeit ist und weil ich nicht weiss, wie, was, wo und weil ich nicht zu hause bin und weil niemand von zu hause hier mit mir ist. Und weil ich einfach überwältigt bin und eigentlich garnichts weiss und jetzt grad wieder froh darüber bin, garnichts zu wissen.
Und jetzt bin ich grad sehr zufrieden. Weil die Möwen kreisen, die Wellen rauschen, die Sonne scheint und weil ich so ein wundervolles Erlebnis wie der Jakobsweg haben durfte. Und ich möchte mir keine Sorgen machen, einfach fort zu schauen, leben und geniessen.
Lieber Gott, Jakobus oder was auch immer, danke für die vielen Leute, denen ich begegnet bin, für die vielen schönen Orte, die ich sehen konnte und für alles, was ich erleben durfte, und dass ich leben kann und fühlen kann und weinen und lachen und schreiben und Papi telefonieren kann. Amen und Halleluja!"