Wo ist das?   Sitemap
Franziska.ch > Jakobsweg > Frankreich > 17. April Le Falzet - Aumont-Aubrac



"Heute war Sport. Ich bin echt schnell gegangen, ca. 7 1/2 Stunden. Die Etappe habe ich eigentlich 7 km kürzer geplant. Ich war aber so fit, das Wetter war gut und ich hatte noch Zeit, also bin ich weitergelaufen.

Über Nacht hatte es 10 cm Schnee gegeben, das fand ich nicht so lustig. Jedenfalls habe ich die andern nach etwa einer Stunde überholt und konnte als erste Spuren in den Schnee machen, jedenfalls für eine Weile. Da kam ich an einen Bach und konnte keine Brücke finden. Tja, was macht da eine geübte Goldachtobel-Gängerin? Schuhe ausziehen und Zähne zusammen. Ich begann grad meine Zehen ins klate Wasser zu tauchen, da hörte ich: “Franziska, warum nimmst du nicht die Brücke hier? Aber mach langsam, damit wir fotografieren können.“ Naja, kleine Showeinlage meinerseits. Dafür bekam ich einen Schluck Calvados und ein Guezli.
Ich lief dann weiter voraus und hatte sie bald abgehängt. Da fing es auf einmal an, ganz langsam. Der Weg war so hässlich matschig und nass und die vielen Spuren, die schon da waren. Irgendwann konnte ich es einfach nicht mehr ertragen. Ich hatte eine Riesenwut auf den Matsch und konnte die Spuren nicht mehr ausstehen. Ich wollte wieder alleine sein. Ich möchte keine Spuren vor mir sehen, ich möchte am Abend nicht all die andern treffen. Ich will einfach wieder furzalleine sein. Ich ertrage das noch nicht. Jedenfalls fing ich mal zu heulen an. Nicht das andere weinen, nein, das richtige heulen weil’s einem anscheisst. Es kam immer heftiger und die Tränen reichten nicht mehr aus. Also fing ich an zu schreien. So laute Töne kamen wohl noch nie aus mir raus. Ein paarmal schreien half auch nicht und so fing ich an zu toben. Fuchsteufelswild. Schrie, fluchte, kreichte, schnaubte und noch anderes, wofür ich keine Worte finde. Ich schtampfte in diesen verfluchten Matsch mit dem grössten Hass und es spritzte nur so. Ich wurde zum Tier. Schlimmer als ein tollwütiger Werwolf im hässlichsten Horrorfilm. Ich hatte so einen übermächtigen Hass, Mordlust, dass ich weg war. Es überkam mich. Ich war der Teufel persönlich. Es muss schlimm gewesen sein. Ich glaube, so bin ich noch nie gewesen. Das ist hald, weil ich es rauslassen konnte. Tja, nicht nur die Freude und das Glück lassen einem übersprudeln und sich selber vergessen. Dem nächsten Hund, der mich anbellte, hab’ ich’s auch gesagt.
Langsam beruhigte ich mich. Das Laufen war nun einfach, die Schuhe waren ja schon durchnässt und durchdreckt. Der Schnee war langsam weg und die Sonne kam. Den Rest des Tage hatte ich gute Laune und eben recht viel Energie und Kraft. Ich hab’ mir nochmals eine Karte geschrieben, wie beim Glück, damit ich mich auch daran erinnere.

Jetzt bin ich in dieser Gite und es hat schon wieder so viele Leute. Mühsam. Ich werde mich wohl oder übel daran gewöhnen müssen. Jetzt warte ich sehnlichst aufs Essen und muss dann noch telefonieren. Bin nicht mehr so gut gelaunt. Möchte alleine sein. Weiss nicht, ob ich will, dass Mami kommt. Freuen würde ich mich schon, sie zu sehen, aber eben, möchte meine Ruhe."


So, und an dieser Stelle möchte ich mich noch ganz herzlich bei meinem alten Chef und lieben Kollegen Roli bedanken. Er hat für die, die jeden Tag auf Besuch kommen, meine Einträge aufgeschaltet, während ich ein paar Tage in den Ferien war. Ist das nicht lieb von ihm?